Der erste von sechs Kriminalfilmen, in
denen Kriminalassistent Weber von der Hamburger Kriminalpolizei in
einem Mordfall ermittelt.
Teil 1:
Wo ist Dr. Karl Elmers, der Verlagsleiter der Wochenzeitschrift
"Blickpunkt"? Am 22. Mai 1962 hat seine Haushälterin die
Vermisstenanzeige aufgegeben. Verschwunden ist der Mann allerdings
seit dem 14. Mai, jenem Tag, an dem er nach Wien zu einem Kongress
reisen wollte. Nur ist er dort nie angekommen. Die Kriminalpolizei
in Form von Kommissar Graumann und seinem Assistenten Weber erhält
ein anonymes Schreiben, in dem unter anderem darauf hingewiesen
wird, dass Elmers ermordet worden sei. Alle Spuren führen zu dem
Journalisten Jürgen Brandt, der der Polizei gegenüber nicht wohl
gesonnen ist. Mehrfach hatte er die Ermittlungsmethoden in einem
Indizienprozess, bei dem es um den Mordfall Becker gegangen ist,
kritisiert. Er stellte die Frage, ob da womöglich ein Unschuldiger
hinter Gitter geraten war. Nun steht er selbst im Mittelpunkt des
polizeilichen Interesses und unter Verdacht, denn alles deutet
darauf hin, dass der bei seinen Kollegen nicht sehr beliebte
Reporter mit dem Verschwinden seines zukünftigen Schwiegervaters Dr.
Elmers zu tun hat. Elmers hatte nämlich unterbunden, dass Brandts
Artikelserie "Tote reden nicht" weiter erscheint. Darin klagte der
Journalist das bundesdeutsche Arzneimittelgesetz und einen großen
Pharmakonzern an, der mit dem Schlafmittel Dorsan über fünftausend
missgebildete und behinderte Kinder verursacht haben soll. Webers
und Graumanns Ermittlungen fügen sich am Ende zu einem klaren Bild:
Brandt hat Elmers ermordet! Doch da scheint der Verschwundene
wieder aufzutauchen ...
(Text
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Krimihomepage -
GP, Juni 2012)
Teil 2:
Bei einer Pressekonferenz hat Jürgen Brandt erklärt, dass er
gemeinsam mit Dr. Elmers dessen Verschwinden inszeniert und den
Mordverdacht absichtlich auf sich gelenkt habe, um die
Fragwürdigkeit eines Indizienprozesses aufzuwerfen. Doch gerade, als
er die Journalisten darüber in Kenntnis gesetzt und Dr. Elmers'
baldiges Eintreffen angekündigt hat, taucht Kommissar Graumann auf
und nimmt Brandt fest. In der Zwischenzeit hat man nämlich Dr.
Elmers' Leiche gefunden. Auch das Tatwerkzeug war dabei: ein Hammer.
Darauf befinden sich die Fingerabdrücke einer einzigen Person: jene
Jürgen Brandts. Als Anwalt Dr. Ziebell seine Verteidigung ablehnt,
behauptet Brandt, Zíebell sei Mitwisser des fingierten Mordes
gewesen. Der Jurist bestreitet dies. Unterdessen stellt
Kriminalassistent Weber auf eigene Faust Nachforschungen an.
Gemeinsam mit Lisa Elmers, der Tochter des Ermordeten, sucht er
dessen Landhaus auf und macht dort interessante Entdeckungen, die
die Unschuld Jürgen Brandts untermauern. Schließlich wird klar:
irgendjemand hat von dem Plan Brandts und Elmers' erfahren und
diesen genutzt, um den ungeliebten Journalisten Brandt
auszuschalten. Weber wird zwar von den Ermittlungen im Mordfall
abgezogen, bleibt aber dennoch auf der richtigen Spur, die auch zur
Klärung des Mordes an Dr. Becker führt und ihn in eine
lebensgefährliche Situation bringt ..
(Text
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Krimihomepage -
GP, Juni 2012) |
Der Film wurde später auf DFF 2 am
25. und am 26.05.1970 wiederholt, nochmals am 04. und am 06.10.1978.
„Tote reden nicht“ bildete den Auftakt
zu einer Serie von TV-Mehrteilern und Filmen, in denen der Hamburger
Kriminalassistent (später Privatdetektiv) Weber ermittelt.
In der damaligen DDR war es gar nicht so einfach, einen Kriminalfilm
zu produzieren, da es im Sozialismus offiziell keine Verbrechen gab.
Ohne diese war aber auch im ersten deutschen Arbeiter- und
Bauernstaat kein Krimi zu machen. In den ersten Jahren des
DDR-Fernsehens, vornehmlich in der Reihe „Blaulicht“
wurde das Medium fiktionales Fernsehspiel deshalb dazu genutzt, um
Verbrechen aufzuzeigen, die ihren Ursprung im nichtsozialistischen
Ausland – vornehmlich in der BRD – hatten und bei denen auch
Kapitalisten als Täter überführt wurden. Später wurde der Begriff
des „sozialistischen Kriminalfilms“ geprägt, bei dem die
Figurengestaltung auf „Grundlage des sozialistischen Menschenbildes“
erfolgte, wie es der Dramaturg Eberhard Görner einmal formulierte.
Solange der Film in der DDR spielte, hatte es ein Polizeifilm zu
sein, bei dem die zentralen Figuren Polizisten sind, die natürlich
im Kollektiv arbeiten. Der unsichtbare erhobene Zeigefinger und die
belehrende Wirkung war überall präsent. Private Ermittlungen kamen
nicht in Frage. Um das zu umgehen, verlagerte man die Handlung bei
vielen Filmen ins Ausland. So spielt auch „Tote reden nicht“ in der
Bundesrepublik und hat selbstverständlich starken systemkritischen
Charakter. Anders als etwa die zeitgleich in der BRD produzierten
sehr erfolgreichen Mehrteiler nach Francis Durbridges Drehbüchern
waren Werner Toelckes Krimis immer Filme, die Missstände im
kapitalistischen Ausland aufzeigten. So ist die Geschichte rund um
die durch ein Schlafmittel ausgelösten Missbildungen bei
Schwangerschaften zweifellos am damaligen Contergan-Skandal in der
BRD inspiriert. In dem Dreiteiler „Botschafter
morden nicht“ ging es unter anderem um ein Chemiewerk in
Portugal, das hochgiftige Pestizide in einem Chemiewerk herstellte,
das von der bundesdeutschen Regierung mitfinanziert wurde.
Johannes Arpe, der den Kommissar
spielte, starb während der Dreharbeiten. Den Film neu zu drehen, war
zu teuer, weshalb Autor Toelcke die Figur des Kommissar
Schoppenhauer einbaute, der die Rolle des Kommissars ersetzte.
Produktionsleiter Adolf Fischer übernahm eine Cameorolle als Fahrer
eines Polizeiwagens. Auch wenn die
Handlungsschauplätze in beiden Krimis außerhalb der DDR lagen,
produziert wurden sie selbstverständlich im sozialistischen Inland,
genauer gesagt im DEFA Studio Babelsberg. Die Umgebung rund um
Berlin musste für Hamburg herhalten, was in manchen Szenen eindeutig
ist. Vor allem die DDR-Autobahnen und Pflastersteinstraßen
verrieten, dass man hier nicht in der BRD gedreht hatte. Außerdem
hatte man Wartburgs auf bundesdeutsche Polizeiwägen getrimmt, was
etwas seltsam anmutete. Der Film „Botschafter morden nicht“ spielte
schließlich in Portugal, gedreht wurde aber auch hier im
sozialistischen Ausland, nämlich in Bulgarien, das für das Land auf
der iberischen Halbinsel herhalten musste. Deshalb spielten auch
zwei bekannte bulgarische Schauspieler, Newena Kokanowa und Ljubomir
Kisselitschki mit.
Der deutsche Schauspieler und Schriftsteller Werner Toelcke
(1930 geboren) machte sich als Autor (mehrteiliger) Fernsehkrimis in
der DDR einen Namen. Er gab mit „Tote reden nicht“ sein Debüt im
DDR-Fernsehen und war fortan Mitglied des Schauspielerensembles des
DFF. Zu dem Drehbuch, das er selbst zu diesem Film geschrieben
hatte, gehörte auch ein gleichnamiger Roman, der 1964 im Verlag Das
Neue Berlin erschien. Der darin auftretende Ermittler Weber war auch
in den meisten anderen seiner TV-Filme der Protagonist. Als Autor
veröffentlichte Toelcke an die 10 Romane. 1984 siedelte der
vielseitige Künstler in die BRD über.
Folgende Filme, in denen Kriminalassistent, später Privatdetektiv
Weber großteils Protagonist ist, gehen auf sein Konto:
-
"Tote reden nicht"
(1962, 2 Teile, Erstsendung: 06.01.1963 und 08.01.1963 DFF)
-
"Doppelt oder
nichts"
(1964, 2 Teile, Erstsendung: 29.11.1964 und 01.12.1964 DFF)
-
"Er ging allein"
(1966, 2 Teile, Erstsendung: 18.02.1967 und 19.02.1967 DFF)
-
"Tod im Preis
inbegriffen"
(1967, 2 Teile, Erstsendung: 12.01.1968 und 14.01.1968 DFF)
-
"Botschafter morden
nicht"
(1969, 3 Teile, Erstsendung: 13.02.1970-15.02.1970 DFF)
-
"Ein Mann, der
sterben muss"
(1971, 1 Teil, Erstsendung:
13.02.1972)
Zudem der
Fernsehfilm "Rückkehr als Toter" (1973, Erstsendung:
10.03.1974 DFF).
Der Regisseur von „Tote reden nicht“ war Helmut Krätzig. Der 1941 in
Augsburg geborene Filmemacher war einer der bekanntesten und
erfolgreichsten Regisseure der DDR und konnte sich vor allem durch
seine Beiträge zur beliebten TV-Reihe „Polizeiruf 110“ einen Namen
machen, für die er unter anderem den 1., 50. und 150. Fall
inszenierte. Insgesamt gingen 20 Episoden der Serie auf sein Konto,
darunter auch das berühmte Crossover mit dem „Tatort“ („Unter
Brüdern“) mit Peter Borgelt und Götz George. Im Krimifach drehte er
außerdem Beiträge für „Blaulicht“, „Kriminalfälle ohne Beispiel“
oder „Geheime Spuren“. Bei seiner ansonsten tadellosen Inszenierung
in „Tote reden nicht“ sind ihm allerdings zwei Regiefehler
unterlaufen: es ist die ganze Zeit davon die Rede, dass es in der
Nacht, in der Elmers verschwand, fürchterlich stark geregnet habe.
In der Rückblende am Ende des ersten Teils (die am Beginn des
zweiten wiederholt wird und somit die ersten neun Minuten einnimmt),
regnet es jedoch nicht. Im zweiten Teil wird Kriminalassistent Weber
gefesselt, ihm werden Mullbinden in den Mund gestopft, damit er
nicht schreien kann, der Mund wird zusätzlich mit einem Heftpflaster
verklebt. Als er sich später selbst befreien kann, reißt er sich das
Heftpflaster herunter, hat aber nichts mehr im Mund.
Auch nach der Wende blieb Krätzig dem Krimigenre treu, inszenierte
für „Ein Fall für zwei“ und „Einsatz für Lohbeck“ und zuletzt 2002 6
Folgen für „Die Strandclique“. |