Mit der Idee zu "Der Samurai", so der
ursprüngliche Titel der Serie, die Wege ins Verbrechen aufzeigen sollte, ging
Produzent Helmut Ringelmann zunächst auf seinen Haussender, das ZDF zu. Doch
dort hatte man weder Sendeplatz noch Geld dafür. Also wurde die Reihe für RTL
produziert. Mit der Serie rund um den Headhunter Igor Kuhlin, einem Buddhisten
und Liebhaber asiatischen Kampfsports, wollte der erfolgsverwöhnte Ringelmann
("Derrick", "Der Alte", "Der Kommissar", "Polizeiinspektion 1", "Unsere
schönsten Jahre", "Siska" ...) "eine neue Farbe in die deutsche Krimi-Landschaft
bringen", wie er es selbst mal ausdrückte. Seine Mischung aus "Kampfsport und
Psycho" wurde lange vorbereitet, im Frühjahr 1994 starteten die Dreharbeiten zur
ersten Folge. In diesem Jahr, in dem sich seine Hausregisseure Günter Gräwert
und Zbyněk Brynych den Regiesessel teilten, wurden fünf Folgen produziert. 1995
kamen sechs weitere hinzu, 1996 nochmals vier. Parallel zur Ausstrahlung der
Serie, von der zuerst nur sechs Folgen gezeigt werden sollten, wurden im Jahr
1996 noch 4 Filme (Februar, März, April, Mai) gedreht. Anstelle der
angekündigten sechs Folgen der ersten Staffel, wurden dann aber gleich alle 15
Filme gesendet. Zunächst war geplant, dass man - bei passender Quote - die
anderen Filme gleich an die erste Staffel anhängt. In Wirklichkeit dürfte man
die Filme aber einfach "weg gesendet" haben, denn schon noch einigen Episoden war
klar, dass "Der Mann ohne Schatten" nicht der Publikumsrenner war, denn man sich
erhofft hatte. Dabei hatte es Produzent Helmut Ringelmann so gut gemeint. Er
sagte damals auf Einschaltquoten angesprochen: "Ich bin doch kein
Quotenkonstrukteur. Der Zuschauer hat ein Recht auf Qualität und die liefere
ich. Ich lehne es ab, den Zuschauer billig zu bedienen". Die Voraussetzungen
dafür waren auch gegeben: nur hochkarätige und renommierte Profis arbeiteten an
der Serie. Als Regisseure neben Günter Gräwert und Zbyněk Brynych, dessen Episode "Der Bomber"
(als achte Geschichte im Frühjahr 1995 produziert) seine letzte war, ehe er am
24. August des gleichen Jahres starb, Ringelmanns langjährige Wegbegleiter
Jürgen Goslar und Dietrich Haugk sowie Franz Peter Wirth und Gero Erhardt. Acht
der fünfzehn Bücher wurden von Volker Vogeler ("Der Alte") verfasst. Die
weiteren lieferten Paul Hengge, der in den späten 1960ern und frühen 1970ern die
Drehbücher für die Edgar-Wallace-Reihe der Rialtofilm schrieb (u. a. "Der Mann
mit dem Glasauge", "Das Gesicht im Dunkeln", "Das Rätsel des silbernen
Halbmonds"), Regisseur Günter Gräwert, der 49 "Alte"-Folgen, sowie
unzählige "Derrick" und "Polizeiinspektion 1"-Folgen in Szene setzte und Herbert
Reinecker (97x "Der Kommissar", 281x "Derrick"). Weitere Drehbücher lagen
bereits vor, neben Geschichten von Herbert Reinecker auch welche, die Regisseur
Jürgen Goslar geschrieben hatte, die aber aufgrund der Einstellung der Serie
nicht mehr realisiert wurden. Was genau für die Einstellung (doch wohl die Quoten)
der Reihe verantwortlich war, ist heute nicht ganz nachvollziehbar. Helmut
Ringelmann äußerte sich über die Erfahrungen mit RTL und "Der Mann ohne
Schatten" in Die Liste (12/2007, S. 15) wie folgt: "Es war eine erfreuliche
Erfahrung, ein sehr gutes Verhältnis". Regisseur Jürgen Goslar erzählte der
Krimihomepage in einem Interview, dass sich RTL und die Produktion nicht
verstanden hätten und dass deshalb die weiteren Bücher nicht mehr verfilmt
wurden.
Alle Beteiligten waren jedenfalls von "Der Mann ohne Schatten" überzeugt. Ganz
groß wurde alles aufgezogen, auf 35mm Kinoformat gedreht, das ein intensiveres
Licht- und Schattenspiel ermöglichte und Produzent Ringelmann, der bei seiner
Arbeit übrigens von seiner Frau Evelyn Opela, die als Mitproduzentin fungierte,
unterstützt wurde, konnte anders als bei "Derrick" und "Der Alte" seinen
Protagonisten endlich ein Privatleben gönnen. Dies war auch deshalb möglich,
weil man statt der üblichen 60 Minuten nun erstmals 75 Minuten zur Verfügung
hatte und damit eine viertel Stunde mehr Zeit, um eine Geschichte zu entfalten
und Spannung aufzubauen.
Gerd Böckmann, der hier seine erste Serienrolle spielte und damals sechs Jahre
älter war, als Igor Kuhlin, den er spielte, meinte zur Berliner Zeitung am
4.3.1996 zu der Produktion: "Ich würde mich freuen, wenn junge Zuschauer
erkennen, dass unser Gehirn eine Waffe ist. Vielleicht sogar die beste, die wir
haben."
Schließlich ist noch zu bemerken, dass der Umstand, das RTL die Folgen nicht in
der Produktionsreihenfolge, sondern wild durcheinander sendete (die
erstproduzierte Folge wurde als siebente gezeigt, die erstgesendete war die
zwölfte (!) in der Produktionsreihenfolge) das Publikum auch verwirrte. So
erschienen bereits eingeführte Figuren als unbekannt und auch die Rollenlegende
von Igor Kuhlin kam durcheinander, als dieser in Folge 7 (eigentlich also in der
erstproduzierten) plötzlich von einem Jahr in Japan zurückkam. Nur zu dumm, dass
auf dieses Jahr bereits in einer vorher ausgestrahlten Episode Bezug genommen
wurde. Auch die privaten Verhältnisse von Bruno Kuhlin (Christian Berkel) kamen
völlig durcheinander, wurde doch die 5. produzierte Folge, in der er heiratet,
erst als 11. gezeigt. Folgende Zahlenreihe macht sichtbar, wie wild RTL die
Folgen mixte (siehe auch "alle
Folgen", wo sich die Episodenliste in der Originalproduktions- und in
der Sendereihenfolge findet). Gesendet wurde nach der Produktionsreihenfolge:
Folge 12, 7, 6, 9, 10, 4, 1 (an siebter Stelle!!!), 2, 3, 8, 5, 11, 13, 14, 15.
Wie man sieht, wurden nur die letzten drei Folgen, die beim Start der
Ausstrahlung noch nicht abgedreht waren, in richtiger Reihenfolge gezeigt.
Im Vorfeld der Reihe wurde damals übrigens auch ein rund 25minütiges Making Of
gezeigt, das in die Serie einführte und in dem die drei Hauptdarsteller Gerd
Böckmann, Christian Berkel, Evelyn Opela und Helmut Ringelmann zu Wort kamen.
Wie bei Helmut Ringelmann üblich, sind die Rollen grandios durch besetzt. Nicht
nur, dass damals auch als Insidergags Schauspieler aus Ringelmanns anderen
Serien "Derrick" und "Der Alte" mit dabei waren (Markus Böttcher sowie "Berger"
Willy Schäfer und "Doc" Ulf J. Söhmisch beide gemeinsam in einer Folge), auch
Darsteller zukünftiger Serienhauptrollen waren hier schon mit dabei: aus "Siska"
Peter Kremer, Werner Schnitzer und Frank te Neues, aus "Der Alte" Pierre
Sanoussi-Bliss. Darüber hinaus sah man in Gastrollen unter anderem in
willkürlicher Reihenfolge:
Michael Mendl,
Susanne Uhlen,
Ernst Jacobi,
Christian Kohlund,
Gerd Anthoff, Claude-Oliver Rudolph, Peter Ehrlich, Maria Becker,
Cordula Trantow,
Manfred Zapatka,
Gerd Baltus,
Maria Furtwängler,
Sissy Höfferer,
Lisa Kreuzer, Karlheinz Hackl, Joachim Kemmer, Uwe Friedrichsen, Eleonore
Weisgerber, Wilfried Hochholdinger, Udo Thomer, Jacques Breuer, Christoph Bantzer,
Roswitha Schreiner,
Christina Plate,
Irene Clarin,
Wolf Roth,
Christiane Krüger,
Hanno Pöschl Hanns Zischler, Michael Maertens, Sandra Cervik, Günther Kaufmann,
Hans Dieter Zeidler, Lambert Hamel, Daniel Friedrich, Udo Schenk, Veit Stübner,
Rudolf Wessely, Volker Lechtenbrinck, Gunter Schoss, Peter Kuiper, Elisabeth
Wiedemann, Udo Vioff, Oliver Hasenfratz,
Edwin Noël, Esther Haußmann, Monika Baumgartner, Werner Asam,
Kurt Weinzierl,
Will Danin,
Walter Renneisen, Dirk Galuba,
Ulli Kinalzik,
Michael Gahr,
Sepp Wäsche,
Christine Buchegger,
Jeannine Burch,
Michael Zittel,
Peter von Strombeck,
Hannes Kaetner,
Imo Heite,
Holger Petzold,
Gaby Herbst,
Robert Jarczyk,
Werner Schulenberg, Gert Burkard,
Christine Roßbach,
Peter Bertram,
Erland Erlandsen,
Jessica Kosmalla,
Barbara Kutzer, Christoph Eichhorn, Carolin Fink, Michael Brennecke, Christiane
Hammacher, Franjo Marinčić, Carin C. Tietze, Günter Clemens, Margot Mahler u. v.
a. Schließlich hat auch Autor Volker Vogeler in einer Folge als Kommissar
mitgespielt.
Text: © GP, Die
Krimihomepage, März 2013
Einige Fragen
an Helmut Trunz, Komponist und Kameramann bei "Der
Mann ohne Schatten" |
Helmut Trunz war an der 15teiligen Serie
intensiv beteiligt: er war Kameramann der ersten Folge, vertonte 14 der 15 Geschichten und
lieferte die Titelmusik(en). Im März 2013 war er so nett, der Krimihomepage für
das umfangreiche Update zu "Der Mann ohne Schatten" einige Fragen zu
beantworten. Weitere Informationen sowie einige seiner Kompositionen (unter
anderem die Titelmusik) kann man sich auf seiner Homepage
www.trunz.com
anhören.
Sie haben die Titelmusik
komponiert. Gab es diesbezüglich irgendwelche Vorgaben seitens
des Produzenten oder hatten Sie freien Spielraum?
Helmut Trunz: Es gab keine
Vorgaben.
Haben Sie mehrere Melodien als Titelthema vorgeschlagen?
Helmut Trunz:
Nein.
Kannten Sie schon einige Folgen, bevor Sie die (Titel)musik
komponiert haben oder geschah das vorher?
Helmut Trunz:
Die erste Folge habe ich als
Kameramann gemacht und danach die Musik dazu, dabei die
Titelmusik.
Es gibt ja eigentlich zwei Themen: das kurze, rasante während
des Vorspanns und das langsame, klassisch anmutende Thema am
Ende (in der Folge „Der Auftrag“ spielt dieses Bruno Kuhlin
sogar auf der Mundharmonika). Wie kam es zu den beiden
unterschiedlichen Themen?
Helmut Trunz:
Keine Ahnung mehr.
Haben Sie jeden einzelnen Film extra vertont oder anfangs
verschiedene Melodien abgeliefert, die dann nach Wunsch
eingespielt werden konnten?
Jeder Film wurde extra vertont. Das Bild läuft im Studio
synchron zur entstehenden Musik. Erst die Melodie, dann die
Instrumentalisierung.
Wie lange dauerte die Vertonung einer Episode?
Helmut Trunz:
Ich hatte ca. zwei bis drei Wochen
Zeit.
Hat Helmut Ringelmann jeden Musikbeitrag „absegnen“ müssen
oder hatten Sie freie Hand?
Helmut Trunz:
Ich hatte freie Hand nach
Vorbesprechung mit dem jeweiligen Regisseur.
Wie viele Episoden wurden pro Jahr produziert?
Helmut Trunz: 1994 fünf Folgen, 1996 sechs Folgen und
1996 vier Folgen. Den letzten Film konnte ich terminlich nicht
wahrnehmen.
Wie lange war Drehzeit für eine Episode?
Ich glaube reine Drehzeit war 14-15 Tage, also drei Wochen,
wie auch bei Derrick.
Wissen Sie noch, ab wann klar war, dass nicht weiter
produziert wird? Warum?
Helmut Trunz: Nach der Sendung einiger Folgen. Durch
die falsche Reihenfolge der Folgen (die erste Folge wurde an
dritter [A. d. R.: an siebter!] Stelle gesendet usw.) und die
langen Werbepausen fanden sich die Zuschauer nicht mehr zurecht,
wer der Gute und wer der Böse ist.
Sie waren Kameramann bei der erstproduzierten Folge „Der
Auftrag“ . Können Sie sich noch an den ersten Drehtag erinnern?
Helmut Trunz: Der lief wie alle erste
Drehtage, nicht mit Volldampf, man muss sich ja erst
kennenlernen, das Programm wird immer meist klein gehalten.
Inwiefern hat Ihnen der Regisseur Günter Gräwert Freiheiten
bei der Bildgestaltung gelassen?
Helmut Trunz: Der Bildausschnitt wird immer
besprochen, auch die Blickrichtung, die Fahrt, weil es ja auch
einen Schnitt gibt.
In „Der Auftrag“ gibt es sehr viele Kamerafahrten und
durchgedrehte Einstellungen, durch die alles viel dynamischer
wirkt. War das Ihre Idee?
Helmut Trunz: Man bringt immer viele Ideen ein, Film
ist Teamarbeit.
Die Serie wurde auf 35mm im Kinoformat gedreht. Als Laie
gefragt: was ändert sich dadurch für den Zuschauer oder was
unterscheidet dieses Produktionsverfahren von den gängigen
TV-Produktionen?
Helmut Trunz: 35mm ist besser als 16mm und lässt sich
international besser vermarkten. Das wird der Grund gewesen
sein. Damals gab es noch keine Digitalaufnahmetechnik.
Hatte die Serie von Anfang an den Titel „Der Mann ohne
Schatten“ oder bei Drehstart noch den Arbeitstitel „Der
Samurai“?
Helmut Trunz: Meine Verträge lauteten von Anfang an
auf "Mann ohne Schatten".
Wie war Günter Gräwert als Regisseur?
Helmut Trunz: Sehr nett, schnell, humorig und er
konnte gut mit Schauspielern umgehen. Er schaute fast nie durch
die Kamera, sondern konzentrierte sich auf das Spiel.
Hatten Sie die Musik für diesen Film schon vorher komponiert/
im Kopf oder ist Sie ihnen während des Drehens der einzelnen
Szenen "eingefallen"?
Helmut Trunz: Das fällt einem beim Betrachten
der Szenen ein
Warum haben Sie keine weiteren Folgen als Kameramann gedreht?
Helmut Trunz: Ich zog es vor, die Musik zu machen -
beides war nicht möglich, denn während die einen drehen,
arbeitete ich an der Musik der letzten Folge.
Oft sucht sich ein Regisseur seinen Komponisten aus. Bei „Der
Mann ohne Schatten“ haben Sie bis auf eine Folge (Episode 15:
hier war Andreas Dicke der Komponist) alle Episoden vertont. War
das, um der Serie ein einheitliches Klangbild zu geben?
Helmut Trunz: Natürlich, es sollte eine Handschrift
haben, den letzten konnte ich zeitlich nicht schaffen.
Wie war die Zusammenarbeit mit den Regisseuren was den
Einsatz von Musik betrifft? Hatten Sie freie Hand oder hatten
Sie genaue Vorgaben?
Helmut Trunz: Es hat selbstverständlich immer eine
Musikbesprechung gegeben, mit mehr oder weniger Vorgaben seitens
des Regisseurs, dennoch hat man beim "Mann ohne Schatten" viel
Freiheit in der Gestaltung gehabt - es gab nie Änderungswünsche.
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