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Geheimhaltung,
Namensänderungen und anderes |
Bekanntlich
war es oberstes Prinzip, bei Durbridge den Täter bis zum Schluss geheim
zu halten. Immer wieder liest man, dass später mehrere Enden gedreht
wurden. Durch die Beschäftigung mit den italienischen Fassungen ist der
Gedanke gekommen, dass es diesbezüglich in der BRD gleich abgelaufen
sein könnte, wie in Italien. Dort hat man nämlich - um die Darsteller
und Teammitglieder selbst so gut wie möglich zu verwirren - mehrere
Enden gedreht, mit jedem Verdächtigen einmal. Diese wurden jedoch nicht
zur Sendung vorbereitet bzw. waren dafür nicht gedacht, sondern dienten
lediglich dem Zweck, dass kein Schauspieler und kein Stabmitglied etwas
über den Täter berichten konnte. Selbst der eigentliche Darsteller, der
den Drahtzieher spielte, wusste daher nicht, ob er der Bösewicht war
oder nicht. Das ging soweit, dass man die letzte(n) Szene(n) so über den
mehrwöchigen Drehplan verteilte, dass man sie in zig Teile splittete und
Dialogfetzen zusammenhanglos - oft ohne Anwesenheit eines
Gesprächspartners - aufzeichnete. Den Höhepunkt erreichte das in der
italienischen Fassung von "Wie ein Blitz" ("Come un uragano"), in der
nicht einmal der Regisseur wusste, welche Fassung letztlich ausgestrahlt
werden sollte. Nur ein Mann von der RAI (italienisches Staatsfernsehen)
war befugt, darüber zu entscheiden.
Nun könnte man sich gut vorstellen, dass auch in der BRD die berühmten
und oft zitierten mehrfachen Enden nur gedreht wurden, um die Darsteller
und das Team zu verwirren, nicht aber um diese bei einem "Verrat" (der
dadurch nicht möglich gewesen wäre), zu senden. Bei Filmen wie "Wie ein
Blitz", "Die Kette" oder "Ein Mann namens Harry Brent" wäre eine
vielfache Wiederholung der finalen Szenen auch viel zu zeitaufwendig und
kostenintensiv gewesen. Daher hat man die Phantasie spielen lassen und
andere Szenen dazu erfunden, in denen sich der eine oder andere
Schauspieler auch als Bösewicht entpuppt. Einzig in "Das Messer", wo der
Täter wirklich erst in den letzten zwei Minuten entpuppt wird, könnte
ich mir vorstellen, dass man eine zusätzliche Variante mit der gleichen
Szene gedreht hat. Auch bei frühen Durbridges, angefangen von "Tim
Frazer" über "Die Schlüssel" bis hin zu "Melissa" wären solche
zusätzlichen Mörderszenen sicherlich schnell abgedreht gewesen.
Zur Frage, warum Orte und Namen - und manchmal auch
Verwandtschaftsbezeichnungen - in den deutschen und italienischen
Fassungen anders sind, als in den Originaldrehbüchern, gibt es folgende
Erklärung: zwar gab es damals noch kein Internet, aber Journalisten
waren damals auch nicht blöd. Der eine oder andere kam darauf, mal in
Großbritannien bei einem Kollegen anzurufen und zu fragen, wer denn der
Täter im Durbridge-Krimi sei. Dort waren die Filme ja immer ca. ein bis
zwei Jahre vorher gelaufen. Durch Änderung der Personen-, Orts-,
Berufsbezeichnungen und verwandtschaftlichen Beziehungen umging man dies
einfach. Deshalb wohl auch so "unenglische" Namen wie "Brother" oder
Allerweltsnamen wie "Brown".
Letztlich bleibt die Frage, warum Durbridge in den deutschen Fassungen
zu "Ein Mann namens Harry Brent" und "Das Messer" das Ende verändert
hat. Im Original "A Man Called Harry Brent" stirbt der Protagonist
nämlich. Nun kann es sein, dass dies geändert wurde, weil Joachim
Fuchsberger zunächst für die Rolle vorgesehen war und dieser ja die
Klausel im Vertrag hatte, im Film nicht sterben zu dürfen. Als später
Günter Ungeheuer die Rolle übernahm, hat man es möglicherweise einfach
so gelassen. Möglich ist aber auch, dass man in der BRD dem Publikum
ganz einfach einen toten Protagonisten nicht zumuten wollte. In den
französischen und italienischen Fassungen, die ich beide gesehen habe,
stirbt der Held jedenfalls. In Italien bekam sein "Mörder", d.h. sein
Darsteller, daher wochenlang Drohanrufe von enttäuschten Zusehern - so
wird berichtet - sodass er die Telefonnummer wechseln musste (vielleicht
ist das aber auch nur eine Legende). Worauf die Änderung des Täters und
der Auflösung in "Das Messer" zurückzuführen ist, kann ich leider nicht
nachvollziehen. Ich habe in einem anderen Thread jedoch schon mal über
das originale Ende bei Francis Durbridge und den originalen Täter
berichtet. Sicher ist jedenfalls, dass Durbridge dem WDR kein
Tim-Frazer-Drehbuch ablieferte, sondern schon ein Skript mit dem Titel "The
Knife" (in dem die Figuren allerdings alle anders hießen als in "Das
Messer" und - soweit ich mich erinnere - in dem in der ersten Fassung
der Täter nicht der des fertigen Films war).
Text: GP |