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Trimmels Fälle (4): Der Richter in Weiß
(Tatort-Folge Nr. 11)

Erstsendung (ARD): 10.10.1971
Buch: Friedhelm Werremeier, Peter Schulze-Rohr
Regie: Peter Schulze-Rohr
Darsteller: Walter Richter, Erika Pluhar, Helmut Käutner, Helmuth Schneider, Edgar Hoppe, Joachim Richter, Günter Dockerill, Frank Straass, Gaby Blum, Gerda Gmelin, Felicitas Ruhm, Peter Roggisch, Rolf Bossi, Hans Schellbach u. v. a.

Inhalt:
Frau Beerenberg ruft die Polizei: in ihrem Haus liegt ihr Ehemann, ein renommierter Arzt, erschossen. Ist sie die Täterin? Sie gibt an, ihr Mann habe mehr als 80 Geliebte gehabt und sie vernachlässigt. Trimmels Ermittlungen ergeben jedoch das Gegenteil und die Frau wird in die Klinik des renommierten Psychiaters Dr. Kemm eingeliefert ...

Kritik und Besprechung:
Der Richter in Weiss ist ein Psychodrama, das als Kriminalfilm eigentlich unverfilmbar ist. Vielmehr gelten hier die Interessen der Psyche und dem sexuellen Vorleben der Protagonistin Brigitta Beerenberg (Erika Pluhar) und "ihrem" Psychiater Dr. Kemm (Helmut Käutner), der speziell an Letzterem interessiert ist und den Reizen seiner hübschen Patientin schließlich erliegt. Andeutungsweise wird dies schon von Anfang an klar gemacht, als Frau Beerenberg unbekleidet auf dem Untersuchungsbett liegt und Kemms Blicke lüstern über ihren Körper gleiten. Kemm, ein renommierter Psychiater, fällt sein Urteil und diktiert dieses Nachts in ein Tonbandgerät: Brigitta ist nicht verrückt. Dann aber, nachdem er mit ihr geschlafen hat, revidiert er diese Erkenntnis zum Widerwillen all seiner Kollegen und es ist schließlich auch der Grund dafür, dass Brigitta in dem Prozess zwar des Mordes schuldig, aber dennoch für unzurechnungsfähig erklärt wird und den Rest ihres Lebens in einer Anstalt verbringen muss. Friedhelm Werremeier macht so aus dem Psychiater den im Titel zitierten Richter in Weiss, der durch sein Gutachten alles in der Hand hat. Schließlich wird auch gezeigt, wie sehr man auf den bekannten Wissenschafter vertraut, selbst nachdem Brigitta vor aller Welt schreit: "Sie haben mit mir geschlafen!". Die letzte halbe Stunde entpuppt sich dann doch noch als spannender Gerichtskrimi, in dem Trimmel mit einem Plädoyer beginnt und vom Verteidiger – gespielt vom echten Staranwalt Rolf Bossi – gleich radikal angegangen wird. Danach beginnt Trimmel jeden Satz mit "Wir können beweisen, dass ...", "Wir haben herausgefunden, dass ...". Überhaupt erweist sich der Hamburger Ermittler hier wieder als Nichtintellektueller, bezeichnet Brigitta von Anfang an kompetent als „nicht ganz nicht“. Er gräbt aber so lange, bis er nachweisen kann, dass der Mord eiskalt geplant war, springt dafür sogar samt Anzug ins Wasser. Und dennoch bleibt am Ende das "Urteil" des Psychiaters, dass all die Arbeit von Trimmel obsolet macht und dafür sorgt, dass die Angeklagte nicht verurteilt werden kann. Als Letztes bleibt ein Ausspruch Dr. Kemms – der abschließende Urteilsspruch also -, dann wird der Abspann eingeblendet. Die Episode lebt natürlich von der herausragenden Darstellung Erika Pluhars und der des großen Helmut Käutner, der hier beweist, dass er nicht nur ein erstklassiger Regisseur, sondern auch ein wunderbarer Darsteller war.
Ansonsten zieht sich die mit 120 Minuten wohl längste Tatort-Episode ziemlich, vor allem die ersten 90 Minuten. Wenn man hier einen Krimi erwartet, wird man ziemlich enttäuscht, akzeptiert man den Film als Psychodrama, ist er hingegen vorzüglich.

Alle Texte: © GP, Die Krimihomepage
 

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