Der auf die Aufarbeitung realer
Kriminal- und Justizfälle spezialisierte Drehbuchautor und Regisseur Robert A.
Stemmle tut in dieser Reihe das, was er in den 50er- und 60er-Jahren schon in
einzelnen Kino- und Fernsehfilmen erfolgreich gemacht hat: er berichtet über
spektakuläre Fälle der Justiz. In "Recht oder Unrecht?" stehen sechs große Fälle
auf dem Programm, die nach dem 2. Weltkrieg in der BRD für Furore gesorgt haben
und mit einem Fehlurteil endeten. Damit sollten die Mängel im Strafrecht
deutlich gemacht werden.
Die Namen der handelnden Personen wurden aus Persönlichkeitsgründen in den
einzelnen Fällen geändert.
Text
©: GP, Die Krimihomepage
Der aus Magdeburg stammende ehemalige Lehrer
Robert Adolf Stemmle schilderte in den acht Filmen (davon waren zwei Fälle
Zweiteiler) die Vorgänge, die Gerichtsverfahren und das Urteil detailgetreu und
zeigt auf, wie Kleinigkeiten oder scheinbar unscheinbare Fehler zu großen Folgen
führen können, die oft nicht rückgängig gemacht werden können. Seine
Inszenierungen waren nüchtern und sachlich, konservativ wenn man so will und
konzentrierten sich auf die realistische Rekonstruktion de Tatsachen. Auch wenn
man im Vorhinein wusste, wie der Fall ausgeht, konnte die zweckmäßige Regie
Spannung aufbauen.
Die Reihe selbst hatte ungewohnte Folgen. Zahlreiche Briefe erreichten den Autor
R. A. Stemmle, deren Absender Menschen waren, die im Gefängnis saßen,
verzweifelt und (scheinbar) unschuldig waren. Der Inhalt war immer derselbe:
"Helfen Sie uns, Herr Stemmle! Auch wir sind unschuldig! Auch wir sind Opfer
eines Justizirrtums". Regisseur und Autor Stemmle zeigte sich darüber emotional
tief bewegt, ergänzte damals aber der Presse gegenüber: "Diese Briefe entstehen
häufig durch ein Missverständnis: Viele Menschen im Gefängnis wissen nicht, dass
R. A. die Anfangsbuchstaben meiner beiden Vornamen Robert Adolf sind — sie
glauben, R. A. bedeute Rechtsanwalt."
Wie bereits erwähnt, inszenierte Stemmle schon öfters reale Fälle, die vom
Südwestfunk produzierte Reihe "Recht oder Unrecht" war aber sozusagen sein
Chef-d'Œuvre, sein Meisterwerk. Für ihn war sie der Höhepunkt seiner Arbeit,
zumal im Jahr 1972 die Fälle auch im Bundestag hinsichtlich einer
Strafrechtsreform diskutiert werden sollten. Einer der wahren "Beschuldigten"
bestand damals während der Dreharbeiten übrigens auf eine Änderung des Buches,
was auch so geschah. Die Schauspieler fühlten sich während der Dreharbeiten
allerdings wohl, wie etwa Maria Becker, die im Fall Mariotti die Hauptrolle
spielte, damals erzählte: "Ich wollte schon immer einmal unter Stemmle spielen,
dass es dann ausgerechnet die Mariotti sein würde... ihr Schicksal rührte mich
schon, als ich 1965 die Prozessberichte las. Damals dachte ich, das müsste man
verfilmen. Während der sechs Wochen Dreharbeiten in Baden-Baden habe ich
gespürt, was die echte Mariotti hat durchmachen müssen, ehe der erlösende
Freispruch kam". Damit sie die Rolle wirklich authentisch spielen konnte, hat
man vor Drehstart unzählige Fotos der Frau zusammentragen lassen, ihre Gestik
studiert und auch die Kostüme möglichst authentisch gestaltet.
In den abgeschlossenen Episoden spielt unter der Regie Heinz Schirks, Thomas
Fantls und R. A. Stemmles eine große Starbesetzung: unter anderem Maria Becker,
Vadim Glowna, Wolfgang Büttner, Herbert Stass, Brigitte Mira, Wolfgang Spier,
Ulrich Matschoss, Lotte Ledl, Gert Haucke, Harry Riebauer, Hermann Günther,
Dieter Kirchlechner, Rudolf Wessely, Alexander Hegarth, Erika Schramm, Horst
Werner Loos, Kurt Buecheler, Trude Breitschopf, Wolf Richards, Robert Naegele,
Karl Hellmer, Ettore Cella und Til Erwig.
Wenig späte schuf Stemmle mit "Unter
Ausschluss der Öffentlichkeit" (1973 gedreht) eine Vorabendserie, in
der es um reale Fälle ging, bei denen Jugendliche straffällig geworden war.
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