In der Berliner Keithstraße 30 befindet sich das
Landeskriminalamt. In dieser Serie, die zum Teil auf authentischen Vorfällen
beruht, werden Geschichten der Berliner Polizei erzählt. Ermittler sind vier
Frauen, die Verbrechen an Kindern und Frauen aufklären. Das weibliche Geschlecht
hat oft mehr Einfluss und Feingefühl bei der Klärung von Straftaten. Obwohl man
darauf Wert legte, keine Brutalität zu zeigen und unnötige Effekthascherei außen
vorließ, waren die Delikte, die behandelt wurden, nicht so ohne: Erpressung, von
Minderjährigen initiierter Bandenterror, Kindesraub und Vergewaltigung.
Text: © GP, Die
Krimihomepage
Neben Nora Minor, Lis Verhoeven und Cordula Trantow waren in
weiteren Hauptrollen unter anderem Dagmar Altrichter und Ilse Pagé zu sehen.
Regie führte Serienroutinier Claus-Peter Witt, der auch die Drehbücher
verfasste. In einem Artikel aus der Funkuhr (6/ 1972, S. 56, siehe unten) ist von 30 Folgen die Rede, bei allen
Recherchen konnten jedoch leider nur die (ersten?) dreizehn Folgentitel
ermittelt werden. Möglicherweise waren auch 30 geplant, aber nur 13 wurden
umgesetzt. Die Hörzu (1/ 1972, S. 1/2) berichtete, dass "Berlin, Keithstraße 30"
gemeinsam mit anderen Reihen wie "Die Melchiors", "Butler Parker",
Kleinstadtbahnhof", "Privatdetektiv Frank Kross", "Fußballtrainer Wulff" und
"Die Schöngrubers" bewusst dienstags und freitags als deutsche Konkurrenz gegen
das ZDF-Programm gesendet wurde, das zur gleichen Sendezeit etwa "Dick und Doof"
und "Mini-Max" ausstrahlte.
Die in obiger Inhaltsbeschreibung erwähnten problematischen Thematiken (u. a.
Vergewaltigung) wurden von den Verantwortlichen des Bayerischen Rundfunks als zu
starker Tobak angesehen, weshalb die Reihe im ARD-Regionalfenster dieses Senders
nicht ausgestrahlt wurde. So ließ man laut Hörzu (1/ 1972, S. 2) wissen: "Die
zeitkritische Krimiserie "Berlin, Keithstraße 30" ist für unseren Süden
ungeeignet. Es wird zuviel Wirklichkeit gezeigt." Der selbe Artikel merkte als
Kommentar an, dass es diese Wirklichkeit, mit Sicherheit auch in München,
Augsburg oder Nürnberg gab ("Jugendliche geraten au die schiefe Bahn, Eltern
versagen, weibliche Kripo muss her und die Fürsorge"). Kritisiert wurde, dass
amerikanische TV-Gewalt im fernen Kalifornien à la "Der Chef" in Bayern jedoch
erlaubt war. Der Pressechef des BR meinte: "Die Nachahmungsgefahr seitens der
Kinder ist bei so einer Serie größer, weil sie ein vertrautes Milieu sehen und
Leute, wie sie ihnen jeden Tag begegnen." Der BR sendete deshalb lieber die
US-Serie "Verliebt in einer Hexe", nachdem er zwei Folgen doch probeweise
ausgestrahlt hatte ("Der Fall Sommer" am 25.01.1972 und "Der Fall Anke Zeller"
am 01.02.1972)
Zur Serie selbst erschien in der Funkuhr (6/1972, S. 56*) folgender Bericht:
Wir sind die Emma Peels von Berlin!
Die Fernsehserie "Berlin,
Keithstraße 30" zeigt die Arbeit der weiblichen Kriminalpolizei. Nach den Akten
der Kripo wurden 30 Folgen gedreht. Im Mitterlpunkt stehen fünf mutige Frauen!
Mit beherztem Einsatz, Charme und
Verständnis arbeiten sie — die fünf "Emma Peels" aus Berlin. Sie sind die Stars
der Serie "Berlin, Keithstraße 30", die in 30 Folgen aus den Akten der
weiblichen Kriminalpolizei berichtet: Nora Minor spielt die Kriminal-Kommissarin
Lotte Fliedner, Lis Verhoeven tritt als Kriminalinspektorin Karin Schröder auf.
Dagmar Altrichter (als Margot Hintze) und Cordula Trantow (als Renate Höppner)
sind, ihre Kolleginnen. Und Ilse Page schließlich, die in der Serie Elisabeth
Meissner heißt, wird als Assistentin in die harte Arbeit der Kriminalpolizei
eingeführt. Immer, wenn Frauen oder Kinder straffällig geworden sind, muss eine
dieser fünf Beamtinnen die Fahndungen und Vernehmungen leiten. "Alle Fälle, die
in unserer Serie gezeigt werden, sind wirklich passiert", sagt Autor und
Regisseur Claus-Peter Witt.
Dreharbeiten im Polizeirevier
"Wir haben sie den Akten der Berliner Polizei entnommen. Außerdem konnten
wir in den Räumen der weiblichen Kriminalpolizei drehen". Einen dokumentarischen
Hintergrund hat auch der Titel der Serie: Sie ist nach der Adresse benannt, in
der die Berliner Kriminalpolizei residiert. Von echten Beamtinnen wurden Lis
Verhoeven, Nora Minor, Dagmar Altrichter, Ilse Pagé und Cordula Trantow während
der Dreharbeiten beraten. Die Atmosphäre des Polizeireviers und die
Kriminal-Profis haben den Schauspielern bei der Arbeit sehr geholfen", meint
Claus-Peter Witt. Wir hoffen, dass es uns gelingen wird, die Zuschauer
für die Arbeit der Kriminalpolizei zu interessieren." Typische Fälle, die von
der weiblichen Kripo gelöst werden müssen, sind z. B.: Ein kleines Mädchen wird
beim Ladendiebstahl erwischt. Das Kind wirkt verstockt. Erst nach langen
Gesprächen mit einer Beamtin kommt heraus, dass die Mutter ihre Tochter zu der
Tat angestiftet hat. Ein anderes junges Mädchen wird von einem Triebverbrecher
überfallen. Auch dieses Kind fasst erst nach langen Unterredungen mit einer
Beamtin soviel Vertrauen, dass es den Täter und den Hergang des Verbrechens
beschreiben kann. In dieser Woche sehen Sie als "Fall Lucie Grossmann" ein
besonders "heißes Eisen": Kriminal-Inspektorin Karin Schröder (gespielt von Lis
Verhoeven) hat von einem V-Mann den Tipp bekommen, dass im Cafe "Zero"
Rauschgift gehandelt wird. Gemeinsam mit einem Kollegen geht sie an den Fall.
Als "Pärchen" nehmen sie die Spur auf und entdecken, dass eine reizende junge
Dame die Schmugglerin ist... Autor Claus-Peter Witt ist davon überzeugt: "Gerade
mit dieser Folge werden wir viele Zuschauer informieren, aufklären und warnen."
* Abdruck erfolgt im Rahmen
des wissenschaftlichen Zitierrechts