Dr. Wetzlar und
Dr. Colmar können kein Unrecht ertragen, vor allem in solchen Fällen nicht, in
denen es Verletzungen gegen die Menschenwürde gibt. Für ihre Klienten kämpfen
sie sich mitunter durch einen Dschungel aus Paragraphen und Akten und legen
Überstunden ein. Einziges Ziel ist das Recht ihrer Mandanten, Geld ist für die
engagierten Verteidiger zweitrangig.
Die
Anwaltsserie, die eine typische Studioatmosphäre aufweist, hat zwei
Protagonisten: Dr. Wetzlar (Heinz Bennent), der die ersten 13 Fälle löst und Dr.
Colmar (Wolfgang Kieling), der für die restlichen 26 Folgen als "Anwalt"
auftrat. Zusammengehalten wird die Serie durch den Titel - und das ist beinahe
schon das Einzige, abgesehen von der Produktionsfirma, die gleich blieb und dem
Autoren Gerd Oelschlegel. Die Wetzlar-Folgen unterscheiden sich durch die
Colmar-Folgen nicht nur durch ein anderes Logo und durch einen andern Vorspann,
sondern auch durch eine andere Titelmusik. Ernst-August Quelle ("Aktenzeichen
XY... ungelöst- Musik von 1967-1975) komponierte das Titelthema zu Staffel 1,
Bundesfilmpreisträger Erich Ferstl die Musik zu den restlichen Folgen. Die Fälle
basieren auf wahren Begebenheiten und enden stets mit der Gerichtsverhandlung.
Aus dem Off ertönt dann meist eine Stimme, die erzählt, wie der Fall für die
Beteiligten ausging. Was die Fälle betrifft, so gehen die beiden Anwälte, meist mit Hilfe der jeweiligen
Assistentin, vielen schwierigen Fällen
nach - dabei werden Lappalien genauso behandelt wie echte Spionagefälle. Im
Regiestuhl saßen Heinz Schirk bei Staffel 1 und Theodor Grädler (der seine ganze
Familie zum Dreh mitbrachte: sein Sohn Thomas war Regieassistent und seine Frau
Inge Kostümbildnerin (unter dem Namen Inge Brauner)) zeichnete für Staffel 2 und
3 verantwortlich. Grädler drehte zahllose Kommissar-, Derrick- und
Der-Alte-Folgen.
Im Übrigen begann jede Folge der ersten Staffel mit folgendem Off-Text: "Im
Namen des Volkes: das heißt, in unser aller Namen wird von Menschen über
Menschen recht gesprochen" darauf kam Dr. Wetzlar ins Bild und ergänzte: "Es
fragt sich nur ob unsere Gesetze und Gerichte jedem der mit ihnen zu tun bekommt
auch wirklich gerecht werden können".
Text: © GP, Die Krimihomepage
Ziel der neuen ZDF-Reihe war es
1976, echte Fälle aus der Praxis eines Rechtsanwaltes zu schildern. In den
Fällen ging es vornehmlich um die Verteidigung der Wahrung der Menschenrechte.
Als Vorbild für den "Anwalt" galt der Kölner Strafverteidiger und Vorsitzender
der Weltbewegung für Menschenrechte Dr. Georg Meinecke, auf dessen realen Fällen
die einzelnen Folgen basieren. Meinecke selbst schrieb die Vorlagen für die
Drehbücher, die dann von Fritz Puhl, Gerd Oelschlegel und Karl Wittlinger fürs
Fernsehen adaptiert wurden. Herangezogen wurden Fälle, bei denen eine Klärung
schwierig oder schier aussichtslos erschien.
Bereits vor Ausstrahlung der ersten Staffel dachte das ZDF
(produktionsverantwortlicher Redakteur: Horst-Joachim Gehrmann) über eine
weitere Staffel nach. In der Tat setzte sich Meinecke bereits vor der Sendung
der ersten Folge an den Schreibtisch, um weitere 13 Fälle für den Bildschirm
aufzubereiten. Dabei gestaltete sich die Vorarbeit für jedes Buch bzw. jede
Vorlage am schwierigsten, denn der Kölner Anwalt musste vorab die Genehmigung
aller Beteiligten des realen Falles einholen und sich von seiner Schweigepflicht
entbinden lassen. Meinecke selbst stand auch während der Dreharbeiten als
Berater zur Verfügung, damit alles so realitätsnah wie möglich umgesetzt wurde.
Dazu meinte er selbst zur TV-Presse: "Vielleicht kann das Fernsehen auf diese
Weise dazu beitragen, dass eine Reihe von Vorurteilen abgebaut wird". Die
insgesamt 39 Filmfälle basieren auf Fällen, die der Kölner Strafverteidiger über
20 Jahre hinweg in Privatnotizen dokumentiert hat. Ursprünglich sollten diese
als Buchform erscheinen, doch dann verkaufte er die Storys ans ZDF. In Heinz
Bennent als Anwalt erkannte sich Meinecke dann aber nicht wieder: "Bennent ist
genau der Gegentyp des Anwalts, wie ich ihn mir vorgestellt hatte. Er ist ernst
und kann nicht lachen. Ich dagegen habe Humor. Und wenn man ihn so in natura vor
sich sieht, ist wirklich nichts an ihm dran. Aber er ist eben telegen, auf dem
Schirm wirkt sein Gesicht sehr stark" (Gong März 1976, S. 12). Mit den Skripten
war Meinecke auch nicht besonders zufrieden, wie er in der gleichen Ausgabe des
Gong erklärte: "Mir ist übel geworden, als ich die Drehbücher bekam. Ich wollte
alles umschreiben, alles viel besser machen. Man hat mich dann aber
zurückgewiesen - die Autoren hatten ja auch schon ihre 4000 Mark pro Drehbuch
erhalten. [...] Meine Anwaltkollegen werden nachher über mich herfallen, denn
von dem eigentlichen Anliegen, dem Kampf um die Menschenrechte bleibt im
Fernsehen nicht viel übrig. Es werden jahrelange Vorgänge auf 25 Minuten
verkürzt. Was bleibt ist eine Art Karikatur - mehr nicht". Meinecke selbst, der
diese Kritik losließ, bevor er überhaupt nur eine Episode gesehen hatte, erhielt
übrigens 500 Mark pro Fall und nochmals 3000 Mark für die juristische Beratung.
Regisseur Heinz Schirk erklärte zum Serienstart, dass Heinz Bennent als
Bildschirmanwalt für Menschen kämpfe, die "einen oft aussichtslosen Kampf gegen
eine Übermacht von Paragraphen und Institutionen führen müssen" (Gong März 1976,
S. 12).
Heinz Bennent musste übrigens wegen anderer Filmverpflichtungen für die zweite
Staffel absagen. Die 13 neuen Folgen behandeln interessante Fälle aus allen
Rechtsgebieten, die ausschließlich auf tatsächlichen Ereignissen beruhen. Sie
besitzen einen hohen Informationswert über Justiz und Rechtssprechung in der
Bundesrepublik. Anders als in den Folgen der ersten Staffel beschränken sich die
dargestellten Probleme nicht mehr nur auf Menschen- und Grundrechtsverletzungen.
Text: © GP, Die Krimihomepage/ Recherche in alten TV-Zeitschriften &
Inhaltsangaben zu den einzelnen Folgen: © JO
|