Die Krimihomepage | Das deutschsprachige Fernsehkriminalspiel | 1969 | Der Vetter Basilio

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Der Vetter Basilio
(Teil 1-2)

Erstsendung (ARD/ WDR):
Donnerstag, 03.07.1969, 20.15-21.45 Uhr (Teil 1),
Sonntag, 06.07.1969, 20.15-21.55 Uhr (Teil 2)

Regie:
Wilhelm Semmelroth

Dauer:
87'13'' (Teil 1); 88'17'' (Teil 2),
in Farbe

Inhalt

Allgemein
Das Lissaboner Paar Luiza und Jorge führt eine beschauliche Ehe. Doch als Jorge für einige Zeit verreist und Luizas Vetter Basilio auftaucht, kommt alles durcheinander. Basilio erobert mit Geschick das Herz seiner Cousine und wird ihr Liebhaber. Die beiden schreiben sich berauschende Briefe, die das Hausmädchen Juliana zumindest teilweise aus dem Papierkorb fischt. Langsam aber sicher beginnt sie - die alte, kranke und verachtete Angestellte - ihre Herrin damit zu erpressen. Sie fordert Geld, ein anderes Zimmer, Kleidung und vieles mehr. Aus Angst, dass alles an die Öffentlichkeit kommt, gesteht ihr Luiza alles zu. Sie übernimmt sogar Hausarbeiten, während Juliana beginnt, sich ein schönes Leben zu machen. Ein gefährliches Psychoduell ...
(Text © GP, Die Krimihomepage)

Erster Teil
Die Ehe zwischen dem Ministerialbeamten Jorge und seiner hübschen Frau Luiza ist problemlos. Als während Jorges Abwesenheit Luizas Vetter Basilio auftaucht und sich raffiniert das Herz seiner schönen Cousine erobert, ändert sich dies. Immer tiefer wird sie in den Bann des Mannes gezogen, trifft sich mit ihm in einer schäbigen Absteige und schreibt ihm hemmungslose Briefe. Einige davon landen im Papierkorb. Als Luizas Dienstmädchen Juliana diese findet, wittert sie ihre große Chance: endlich hat sie ihre Herrin in der Hand. Sie beginnt sie mit den Briefen zugunsten eines besseren Lebens zu erpressen. Ein schwere psychische Belastung für Luiza ...
(Text © GP, Die Krimihomepage)

Zweiter Teil
Nach langer Reise kehrt Jorge nach Hause zurück. Basilio hat längst Portugal in Richtung Paris verlassen. Luiza freut sich über die Rückkehr ihres Mannes, wird jedoch ständig von der Angst eingeholt, das Dienstmädchen Juliana könnte ihrem Mann etwas von dem Verhältnis verraten. Juliana wird unterdessen immer dreister, erpresst sich ein schöneres Zimmer, Kleidung, Geld und einen neuen Kleiderschrank. Sie lässt sich nicht mehr als Dienstmädchen behandeln und treibt den psychischen Druck, den sie auf Luiza ausübt, sogar soweit, dass diese anfängt, die Hausarbeit zu übernehmen. Verzweifelt versucht die junge Ehefrau an Geld zu kommen, um Julianas Forderungen endlich zu befriedigen. Ein Gespräch mit dem reichen Bankier Castro verläuft jedoch anders als erwartet. Dieser will Liebesdienste als Gegenleistung. Luiza gerät immer mehr unter Druck. Klar, dass diese Situation nur in einem tödlichen Fiasko enden kann ...
(Text © GP, Die Krimihomepage)

Kritik

Wilhelm Semmelroths werkgetreue Verfilmung des berühmten portugiesischen Klassikers ist zwar kein reiner Kriminalfilm, allenfalls ein tragisches Liebesdrama mit kriminalistischen Elementen, sie enthält jedoch schon alle Zutaten, auf die der begabte Regisseur später bei seinen Plüschkrimis à la "Die Frau in Weiß" (1971) und "Der rote Schal" (1973) zurückgriff. Besonders hervorzuheben sind die schauspielerischen Leistungen. Das Trio Diana Körner - Erich Schleyer - Hans von Borsody spielt überwältigend und auch Ingeborg Lapsien als perfide, erpresserische Unterdrückte ist wunderbar. Lapsien beweist überhaupt Mut zur Hässlichkeit, in dem sie in einer Szene mit einer Glatze auftritt. Diana Körner spielt die verführte Ehefrau hinreißend und naiv, Erich Schleyer ihren Gatten vorzüglich und die Rolle des gewieften Verführers ist Hans von Borsody auf den Leib geschrieben. Besonders erwähnenswert ist die Ausstattung: sowohl das aufwendig und detailverliebte Szenenbild als auch die Kostüme hätten einen Preis verdient. Die Inszenierung Semmelroths ist gewohnt langsam und passt sich der damaligen langsamen Zeit an, was im ersten Teil zu Längen führt. Teil 2 hingegen gewinnt mehr an Tempo und steuert auf ein unausweichliches Finale zu. (GP, Die Krimihomepage, August 2012)
Bild + Funk 29/1969, Seite 11 gibt drei (durchschnittlich) von fünf Sternen: "In Portugal gehört Queiroz' Roman zur Schullektüre. Rechtfertigt das jedoch eine Fernsehbearbeitung, die sich auf zwei Abende ausdehnt? Liebe, Untreue, Verrat, Erpressung - eine nach klassischen Regeln gebaute Tragödie, die trotz vager Sozialkritik keine Aktualität bekam. Wilhelm Semmelroth inszenierte zu zähflüssig, zu geruhsam, der arg chargierende Hans von Borsody als Basilio und Ingeborg Lapsien als Dienstmädchen füllten ihre Rollen nicht aus. Eine gute Leistung bot Diana Körner als Luzia."
Hörzu 29/1969, Seite 8: "[...] der Stoff [...] eignete sich vorzüglich für liebevolle Arrangements in Plüsch und Altgold, für zärtliche Zeitlupen-Szenen und genüssliche Detail-Malerei. Das liebt der Chef-Regisseur des WDR, das kann er, und das machte er auch diesmal so gut, dass sich der Zuschauer vor dem farbigen Bildschirm zuweilen in die selbstvergessene Betrachtung alter Bilder, antiker Interieurs und rüschenreicher Kostüme verlor. Aber Verliebte - wie Semmelroth - kennen kein Maß. Ihre rührselige, stundenlange Turtelei ist für die distanzierte Umwelt auf die Dauer wenig fesselnd."

Zusätzliche Infos & Hintergrundinfos

Regisseur Wilhelm Semmelroth (links) bei
einem Cameoauftritt als Nachbar. Rechts:
Hans von Borsody

Der Aufnahmestab wurde mangels
Statisten zu portugiesischen Bürgern
umgewandelt. Hinten an der Wand lehnend:
Regisseur Wilhelm Semmelroth

An den selben Abenden auch im ORF gezeigt. Wiederholt im ARD-Nachmittagsprogramm am Sonntag, 14.03.1971, 16.30 Uhr und Sonntag, 21.03.1971, 16.45 Uhr. Sehbeteiligung bei der Erstausstrahlung: Teil 1: gut (25%), Zuschauerurteil: sehr gut (+5), Teil 2: gut (20%) bzw. sehr gut (+5).José Maria Eça de Queiróz' (1845-1900) gesellschaftskritischer Roman über den Lebensstil des portugiesischen Mittelstandes am Ende des neunzehnten Jahrhunderts wird von Literaturwissenschaftlern auf einer Ebene mit Gustave Flauberts "Madame Bovary", Leo Tolstojs "Anna Karenina" und Theodor Fontanes "Effi Briest" angesiedelt. Bis heute zählt der Roman in portugiesischsprachigen Ländern zur Schullektüre, in der ehemaligen DDR hatte er eine sehr hohe Auflage.
Wilhelm Semmelroth, damaliger Chef-Regisseur beim WDR, bezeichnete den Roman als echte Tragödie und erzählte damals der Presse: "Der Konflikt zwischen Herrschaft und Dienerschaft, der sich Ende des 19. Jahrhunderts abspielt, ist auch heute noch ein interessanter Stoff". Gedreht wurde überwiegend im Kölner Fernsehstudio, die Außenaufnahmen entstanden jedoch in Lissabon. Dort entdeckte der Regisseur bei einer vorbereitenden Reise auch das Haus, in dem Jorge und Luiza (im Roman übrigens korrekterweise Luísa geschrieben) wohnen sollten. Es steht in der Alfama, der Altstadt und wurde vom Szenenbildner Paul Haferung für die Innenaufnahmen detailgetreu nachgebaut. Während der Dreharbeiten in Lissabon - bei denen nur Hans von Borsody, Diana Körner und Hans Timerding vom Schauspielerensemble mit dabei waren - ergaben sich allerlei Probleme vor Ort: die portugiesischen Statisten erschienen nämlich nicht am Drehort. Sie streikten, waren zu stolz, in dem Zweiteiler mitzuspielen. Regisseur Semmelroth: "Nicht für Geld und gute Worte waren die Portugiesen zu bewegen als Statisten vor der Kamera zu spielen". Deshalb beschloss er, das vierzehnköpfige deutsche Team in eine portugiesische Straßengesellschaft umzuwandeln. Maskenbildner Adalbert Serger verwandelte das deutsche Team in Portugiesen, wobei Ausstatter Paul Haferung in fünf verschiedene Figuren verwandelt wurde. Er tritt als Straßenkehrer auf, als Matrose und als drei verschiedene Bürger. Auch der Dolmetscher wurde zum Statisten umfunktioniert und das gleich samt Familie: seine vier Kinder, die Ehefrau, Schwager und Schwägerin sind in "Der Vetter Basilio" zu sehen. Auch die Künstler-Agentin Irmgard Palz, die zufällig im Hotel war, wurde zur Portugiesin umfunktioniert, ebenso wie der Aufnahmeleiter Heinz Recht, die Kostümbildnerin Brigitte Scholz und der Maskenbildner selbst. Und natürlich tritt auch Wilhelm Semmelroth in einer Cameorolle als Nachbar Jorges und Luizas auf.
Hans von Borsody, damals gerade als Cliff Dexter in 26 Folgen der gleichnamigen Serie aktiv, war mit der Rolle des Vetters Basilio mehr als zufrieden. So erzählte er der Presse: "Die Rolle des Vetters Basilio hat mir großen Spaß gemacht. Ich spiele sehr gerne Liebesgeschichten. Außerdem fällt der Basilio endlich aus dem Rahmen meines bisherigen Rollenfachs »jugendlicher Held«". Diana Körner empfand Regisseur Wilhelm Semmelroth als die ideale Luiza und auch Frau Körner erzählte damals: "Die Rolle ist sehr sentimental. Und gerade das liebe ich. Mir passiert es oft, dass ich in traurigen Filmen weine." (GP)

Stab

 

Besetzung Aufnahmestab
Luiza Diana Körner
Jorge Erich Schleyer [als Erich Hermann Schleyer]
Basilio Hans von Borsody
Juliana Ingeborg Lapsien
Joanna Edda Pastor
Felicidade Elfriede Stahl-Schulze
Kanzleirat Hans Timerding
Sebastião Günter Lamprecht
Julião Hans-Joachim Schmiede
Ernestinho Reinhard Musik
Reynaldo Ernst Stankovski
Leopoldina Birke Bruck
Tante Victoria Grete Wurm
Castro Max Mairich (nur Teil 2)
Azurara Jean-Pierre Zola (nur Teil 2)
Dr. Caminha Hansjakob Gröblinghoff (nur Teil 2)
Marianna Tamara von Rummell (nur Teil 2)
Nachbar von Luiza und Jorge Wilhelm Semmelroth [uncredited]
Passanten auf der Straße Paul Haferung  [uncredited]
Adalbert Serger
[uncredited]
Brigitte Scholz
[uncredited]
Heinz Recht [uncredited]
Buch Gerd Angermann
nach dem Roman "O primo Basílio" von José Maria Eça de Queiróz
Ton Karl Marnach
Bildtechnik Franz-Josef Bruns
Bildschnitt Helga Egelhofer
Filmschnitt Alexandra Anatra
Regieassistenz Heidi Adams
Aufnahmeleitung Heinz Recht
Kamera Hans Braun
Arkardij Ljutow
Karl Klein
Hanns J. Prechtl
Gerhard Schroeder
Maske Gerda Behrendt
Adalbert Serger
Kostüme Brigitte Scholz
Szenenbild Paul Haferung
Produktionsleitung Harry Schneider
Regie Wilhelm Semmelroth
eine Produktion des Westdeutschen Rundfunks WDR
Bilder (sämtliche Bilder mit freundlicher Genehmigung von Pidax)

 

   

Diese Seite wurde zuletzt bearbeitet am: 26.12.2020

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